helnwein archive

Ludwig Museum, Cologne – November 9, 1988

Installation "Ninth November Night" at the Ludwig Museum, Cologne, 1988

INSTALLATION "NINTH OF NOVEMBER NIGHT" BETWEEN THE LUDWIG MUSEUM AND THE DOME OF COLOGNE

Selektion - Neunter november Nacht
(Selection - Ninth of November Night)
A 100 meter wall of pictures between between Museum Ludwig and the Dome of Cologne, 1988
With the Installation "Ninth of November Night" Gottfried Helnwein wanted to remind us of the "Reichskristallnacht"( "Cristal Night"), November 9th to 10th, 1938.

"Ninth November Night" catalogue – November 9, 1988

Installation, "Ninth November Night", at the Museum Ludwig, 1988

REICHSKRISTALLNACHT - NIGHT AND FOG

by Charles-Henri Favrod, "Ninth November Night" Catalogue

Installation, "Ninth November Night", at the Museum Ludwig, 1988

"In the struggle against the Jew, I defend the acts of God!" Those were Hitler's words in Mein Kampf.
I admire the work of Gottfried Helnwein a great deal. This photographic testimony encourages reflection and provokes the examination of conscience, which is necessary for every one of us where racism is concerned. The laceration of the portraits is proof of the fact that we cannot be indifferent to the warning of the "final solution".
I consider myself lucky to be able to exhibit this gallery of memories in its present form in Lausanne.

"Ninth November Night" catalogue – November 9, 1988

INSTALLATION, "NINTH NOVEMBER NIGHT", AT THE MUSEUM LUDWIG, cologne

NINTH NOVEMBER NIGHT

by Reinhold Mißelbeck, Curator for Photography and new media, Museum Ludwig cologne

INSTALLATION, "NINTH NOVEMBER NIGHT", AT THE MUSEUM LUDWIG, cologne

It was to our good fortune that Gottfried Helnwein also strove to break away from the museum and gallery sector in order to communicate with a larger public. This appeared on a grand scale on the site between the cathedral and Museum Ludwig, and at a time of "photokina", with its hundreds of thousands of visitors. The 100 metre picture wall did not fail to hit its mark: it induced bewilderment as well as aggressiveness. After a few days numerous pictures had been slashed, one even stolen. Gottfried Helnwein saw the exhibition as a process which would continue and be reflected in later presentations. The pictures were not renewed, but patched up, so that this reminder of the persecution of Jewish people would bear the traces of a lack of insight and understanding in the present day.

Frankfurter Allgemeine – 29. Oktober 1988

Installation "Ninth November Night" at the Ludwig Museum, Cologne 1988

EVIDENTER ZUFALL

Installation "Ninth November Night" at the Ludwig Museum, Cologne 1988

Hinter dem Dom hatte kürzlich der Maler Gottfried Helnwein zur Erinnerung an die sogenannte Reichskristallnacht siebzehn bleich geschminkte Riesenportaits von Kinderköpfen aufgestellt.
Die von Maler beabsichtigte "rassische" Ähnlichkeit der Kinder mit jenen Bevölkerungsgruppen, die damals von den Nazis verfolgt wurden, besass eine vergleichbare Evidenz des Zufalls wie die Geistertöne aus Graz.
Unbekannte fühlten sich angesprochen.
Sie haben jetzt die Bilder mit Messern traktiert und den abgebildeten Kindern buchstäblich die Kehle duchgeschnitten. Erst durch die Zerstörung seines Werks nimmt Helnweins Aussage Gestalt an.
Bill Fontanas Mikrophone hätten in dieser Kölner Nacht das aufzeichnen können, was sie in Graz vergeblich suchten.

Theater heute – 1. Mai 1988

Stage and costume design for Shakespeare's "Macbeth", 1988

SHAKESPEARE UND SIGMUND FREUD ALS TANZTHEATER: ZEIGE DEINE WUNDE

von Peter von Becker

Stage and costume design for Shakespeare's "Macbeth", 1988

Wie Johann Kresnik und Gottfried Helnwein die Geschichte des "Macbeth" in Heidelberg neu erzählen
Der Vorhang im Theater ist rot wie Blut, die Bühne dahinter so weiß wie Schnee, und die Geschichte, die folgt: ein schwarzes Märchen. Natürlich gleicht die riesenweiße Szenerie, auf der - wie weiße Särge - ein Dutzend oder mehr Badewannen stehen, liegen, an die Wände gestellt sind, schon auf den ersten Blick dem Operationssaal einer Klinik oder, ein Schritt weiter, dem Leichenschauhaus. Auch ahnen wir, daß die leeren durchsichtigen Plastikschläuche rundum nicht etwa als modische Neonschlingen dienen, sondern sich recht bald mit roter Farbe füllen werden. Es sind dann: Blutbahnen.
Allem kalten Grusel zum Trotz hat dieser Saal in seiner klinischen Helle auch Chic. Erinnert an die weiße Disco-Welle. Und es wird hier ja getanzt werden, denn auf dem Programm steht als Uraufführung "Macbeth", Choreographisches Tanztheater von Johann Kresnik, Musik Kurt Schwertsik, Ausstattung Gottfried Helnwein.
Wie schön, daß im Theater bislang noch jeder Zuschauer seinen eigenen Analytiker spielen kann. Auch bei Doktor Kresnik und Professor Helnwein. . . Die beiden machen Heidelbergs Theater eine Reise wert.

"Ninth November Night", Catalogue – November 30, 1987

Installation "Ninth November Night", at the Museum Ludwig, 1988

THOUGHTS

by Simon Wiesenthal

Installation "Ninth November Night", at the Museum Ludwig, 1988

Not even the children were spared; they, too, fell victim to the destruction. It was Gottfried Helnwein's fantastic idea to present the consequences to this "period without mercy" in such an unconventional manner. He made no use of photos of heaped corpses; children's portraits force the observer to stop and consider this idea. The fury with which the neo-nazis reacted to these portraits is understandable inasmuch as it is the very same fury with which they have for years been fighting against The Diary of Anne Frank; the murder of children rouses abhorrence and conflict in every human, whether they are motivated by ideology or insanity. The urge to destroy has survived; the portraits bear witness to its rage - an attempt was made to cut them to shreds. "People, please, stop,... look at these children's faces, multiply their number by a few hundred thousand. Only then will you realise or gain an inkling of the extent of this holocaust, of the greatest tragedy in human history!"

DER UNTERMENSCH, Edition Braus, Heidelberg – November 30, 1987

The Self-portraits, 1988

THE SELF-PORTRAITS OF GOTTFRIED HELNWEIN: A WORLD OF HORROR IN PICTURES

by Roland Recht, Chief Curator of Museums, Strasbourg

The Self-portraits, 1988

From this it may be seen that the Viennese Helnwein is part of a tradition going back to the 18th century, to which Messerschmidt's grimacing sculptures are to belong, on which one of Freud's pupils wrote a long treatise. One sees, too, the common ground of these works with those of Arnulf Rainer or Nitsch, two other Viennese, who display their own bodies in the frame of reference of injury, pain, and death. And one sees how this fascination with body language goes back to the expressive gesture in the work of Egon Schiele.

Frankfurter Allgemeine Zeitung – 18. April 1987

1987

DER KÜNSTLER ALS MÄRTYRER - Die suggestiven Bildmontagen Gottfried Helnweins

von Peter Gorsen

1987

Die suggestiven Bildmontagen Gottfried Helnweins
In Wirklichkeit ist Helnwein kaum einzuordnen. Bei ihm findet sich ebenso ein kleinmeisterliches Werk skurril-phantastischer Zeichnungen in der Nachfolge von Redon und Kubin. Meist vergessen wird auch sein Engagement gegen autoritäre Erziehung, Wettrüsten, Verschmutzung der Umwelt und Psychiatrie. Helnwein hat die Motive und Formen der Populärkultur in teils karikierender, teils grotesk verfremdender Absicht verwendet. Sein penetranter Hypernaturalismus beunruhigt, grenzt an ironische Übertreibung. Die Brecht-Benjaminsche Maxime "Nicht an das gute Alte anknüpfen, sondern an das schlechte Neue" hat bereits seine Anfänge in den frühen siebziger Jahren bestimmt.
So wurde für ihn das grenzüberschreitende Arbeiten mit Mitteln ebenso der Fotografie, Comic strips, Science-fiction wie der realistischen Malerei eine selbstverständliche Konsequenz.
Helnwein hat den "ruhig theatralischen" Verzückungsgestus seines Selbstbildnisses mit der heroischen Haltung der leidenden Sebastians-Figur verglichen und beides zum Stigma des Künstlers im 20. Jahrhundert, einer quasi religiösen Erlöserfigur, verallgemeinert. Sein poetischer Bildtitel bringt den Betrachter zusätzlich auf die richtige Spur. Die optische Montage des modernen Künstlers als Schmerzensmann mit dem Landschaftsbild Friedrichs projiziert die gescheiterte Hoffnung der romantischen Rebellion auf die Gegenwart, auf das verinnerlichte, masochistisch gewordene Protestdenken der Moderne und ihre ästhetischen Grenzüberschreitungen. Kehrt die Romantik wieder? Nein, sie hat die Moderne in Wahrheit nie verlassen. Doch verengt und verinnerlicht sich ihre Rebellion in den irrationalen "Körpermetaphysiken" der zeitgenössischen Künstler auf das eigene Fleisch und Blut.

Helnwein Katalog, Albertina museum, Wien – 1. Januar 1985

One-man show, Albertina Museum, Vienna, 1985

GOTTFRIED HELNWEIN, DER KÜNSTLER ALS AGRESSOR UND VERMALEDEITER MORALIST

von Peter Gorsen

One-man show, Albertina Museum, Vienna, 1985

Neben Skizzen von Ballet tanzenden Hasen und gestiefelten Katzen, strangulierten und gestopften Enten finden sich Studien oder eher Wunschzeichnungen zu malträtierten Kinderköpfen, deren Münder durch Spangen und rosige Narben grauenhaft entstellt sind, aber gleichzeitig durch ihre höhnischen, Fratzen schneidenden Grimassen Ungehorsam, Widerstand, Aufruhr, so etwas wie kindliche Autonomie in der depravierten Erwachsenenwelt signalisieren. Das Feixen des malträtierten Kindes, ein groteskes Vexierbild, in das Märtyrertum und Subversion der Menschenkreatur gleichermaßen eingeflossen sind, ist ganz allein Helnweins Erfindung. Sie offenbart sich in den vielen Metamorphosen des Phantasmas vom versehrten Körper als obsessives Grundmuster seiner Bildwelt und aktionistischen Darstellungen, als Metapher einer im Innersten des Menschen vorhandenen Unverletzlichkeit und Unbesiegbarkeit.

OMNI, New York – August 1, 1983

OMNI, New York, 1983

UNEASY PASSIONS

by Douglas Stein

Master of the grotesque, this shock artist has convulsed European society with his portraits of emotional violence
His portraits reveal characters convulsed by powerful feelings. The uneasy, spastic potency of their emotions leaves us unsure whether they are laughing or crying, in pain or ecstasy.
Whatever the interpretation, one cannot fail to notice that Helnwein delivers a powerful Heimlich maneuver to the solar plexus of our times.